Eine Wochenbettdepression erkennen: EPDS-Fragebogen
Die ersten Tage nach der Geburt gleichen häufig einer emotionalen Achterbahnfahrt. Zwischen Tränen des Glücks und Tränen der Verzweiflung liegen oft nur wenige Momente. Das Einfinden in ein völlig verändertes Leben und die neue Rolle als Mutter erfordert einen Anpassungsprozess, der begleitet wird von vielen, manchmal durchaus auch widersprüchlichen Gefühlen. Dass diese Mischung aus Traurigkeit und Verzweiflung auf der einen Seite und pures Glück und Freude auf der anderen Seite völlig normal ist, beweisen die Zahlen: mehr als jede zweite Mutter erlebt nach der Geburt ihres Kindes für einige Tage einen Babyblues.
Doch auch die Wochenbettdepression ist viel häufiger, als man vielleicht annimmt: 10 bis 15% aller Mütter erkrankt innerhalb eines Jahres nach der Geburt an einer postpartalen Depression. Die frühzeitige Erkennung ist wichtig, um betroffenen Müttern eine adäquate Unterstützung und Behandlung bieten zu können.
Babyblues oder Wochenbettdepression?
Der Babyblues ähnelt in seiner Symptomatik einer Wochenbettdepression. Schwierig und zugleich von großer Wichtigkeit ist es, den Unterschied oder schleichenden Übergang möglichst frühzeitig zu erkennen.
Aber wo verläuft die Grenze zwischen Babyblues und Wochenbettdepression oder postpartaler Depression (PPD)? Wie lange darf das anfängliche emotionale Tief dauern? Und wie erkenne ich an mir selbst oder Müttern in meinem Umfeld eine Wochenbettdepression?
Eine einfache Möglichkeit ist die “EPDS – Edinburgh Postnatal Depression Scale”, ein Selbstbeurteilungsfragebogen für Mütter. Anhand der Gesamtpunktzahl lässt sich die Wahrscheinlichkeit einer postpartale Depression abschätzen.
Wichtig! Bei dem Fragebogen handelt es sich um eine bloße Einschätzung, die Diagnose und vor allem Behandlung darf nur durch eine Fachperson erfolgen!
Die Edinburgh Postnatal Depression Scale EPDS
Die Edinburgh Postnatal Depression Scale, kurz EPDS, ist ein sehr verlässliches und gut untersuchtes Screening-Tool für werdende und frischgebackene Mütter. Der einfache Fragebogen umfasst zehn kurze Fragen zu Stimmung und Wohlbefinden. Er kann zu jedem Zeitpunkt nach der Geburt ausgefüllt werden. Eine hohe Punktzahl in der ersten Woche nach der Entbindung deutet auf einen Babyblues hin, der in eine Wochenbettdepression übergehen kann.
Es empfiehlt sich, den EPDS-Fragebogen auch 6-8 Wochen nach der Geburt, 12 Wochen und ein Jahr danach zu wiederholen. Generell sollen zwischen den Wiederholungen mindestens 14 Tage liegen.
Der EPDS-Fragebogen wurde zwar für die Zeit nach der Geburt entwickelt, er ist mittlerweile aber auch für die Schwangerschaft validiert. Dementsprechend kann er auch für die Einschätzung einer möglichen Schwangerschaftsdepression verwendet werden.
Haben Sie das Gefühl, eventuell in eine postpartale Depression zu rutschen oder sogar schon mittendrin zu stecken?
Sorgen Sie sich um eine liebe Freundin, der es nach der Geburt ihres Babys nicht gut geht?
Sind Sie als Vater über den Gemütszustand Ihrer Partnerin besorgt?
Dann laden Sie sich hier den kostenlosen EPDS-Fragebogen herunter. Wichtig ist, dass die betroffene Mutter den Fragebogen selbst ausfüllt.
Hilfe bei Wochenbettdepression
Ab einem Wert von 13 Punkten deutet die aktuelle Gemütslage mit einer großen Wahrscheinlichkeit (60-100%) auf eine Wochenbettdepression hin.
Mögliche AnsprechpartnerInnen sind:
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- Hebammen
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- PsychotherapeutInnen
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- FrauenärztInnen
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- FachärztInnen für Psychiatrie
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- PsychologInnen
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- Psychosoziale Beratungsstellen
- Psychosoziale Beratungsstellen
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- Psychiatrische Ambulanzen
- Initiativen zum Thema (Bsp.: Schatten & Licht e.V.)
Die postpartale Depression ist eine gut behandelbare psychische Erkrankung. Wichtig ist, dass die betroffene Mutter ein hohes Maß an Verständnis und Unterstützung von ihrem Partner und direkten Umfeld erhält.
Literatur
Bergant et al. „Deutschsprachige Fassung und Validierung der „Edingburgh Postnatal Depression Scale““, DWM 1998, 123 Jg., Nr. 3, S. 39.
Bund Deutscher Hebammen. (2007). Psychologie und Psychopathologie für Hebammen. Die Betreuung von Frauen mit psychischen Problemen. Stuttgart: Hippokrates.
Edinburgh Postnatal Depression Scale (JL Cox, JM Holden, R Sagovsky, 1987)
Rohde, A. (2004). Rund um die Geburt eines Kindes: Depressionen, Ängste und andere psychische Probleme. Ein Ratgeber für Betroffene, Angehörige und ihr soziales Umfeld. Stuttgart: Kohlhammer.
Hallo liebe Tanja, kann man in der Regel sagen wann diese Horrorzeit vorbei geht und was der Auslöser dieses plötzlichen Zustandes ist?
Liebe Grüße
Liebe Jessica, danke für deine Nachricht!
Es werden zahlreiche Auslöser und Risikofaktoren für eine Wochenbettdepression diskutiert. Bei den meisten Frauen ist es so, dass mehrere Dinge zusammenkommen. Eine Ursache kann beispielsweise die Hormonumstellung nach der Geburt sein. Ein weiterer Faktor kann auch das neue Leben mit Baby sein und die Überforderung, die damit verbunden sein kann (Schlafentzug, Gewöhnung an einen fremdbestimmten Rhythmus durch das Baby, Schreibaby, etc.) Frauen, die in der Vergangenheit schon eine depressive Phase durchgemacht haben, sind eher gefährdet an einer PPD zu erkranken.
Du fragst, wie lange eine Wochenbettdepression dauert? Eine gute Frage…
Mit der optimalen Behandlung (Psychotherapie und optional Antidepressivum) ist eine PPD sehr gut behandelbar. Eine spürbare Verbesserung sollte schon nach kurzer Zeit da sein. Bis wann sie „ausgeheilt“ ist, ist auch eine individuelle Sache.
Liebe Grüße, Tanja